Den Menüpunkt „Leichte Sprache“ findet man auf sehr vielen Websites: von Bundesbehörden, Städten und Gemeinden, aber auch von Arbeitsagenturen und Rentenversicherungen. Mit dem Jahresbeginn 2018 wurde es zur Pflicht, dass Behörden ihre Texte in Leichter Sprache verfassen sollen. Dazu wurde der §11 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen entsprechend geändert.
Aber es geht nicht nur um den Zugang zu behördlichen Informationen in der digitalen Welt. Auch rechtliche Dokumente wie Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke müssen in Leichte Sprache gebracht werden, wenn die Betroffenen es wünschen.
Für wen ist Leichte Sprache gedacht?
Die Gruppe der Menschen, die von Leichter Sprache profitieren und für die somit die Möglichkeit zu einer gesellschaftlichen Teilhabe geschaffen wird, ist recht groß. Leichte Sprache richtet sich an „Menschen mit Demenz, mit psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen“, so formuliert es die Bundesfachstelle Barrierefreiheit. Unerwähnt bleiben auf den meisten offiziellen Websites, die über Leichte Sprache informieren, jedoch die vielen Analphabet*innen im Land.
Laut Aktion Mensch ist jeder siebte Erwachsene in Deutschland ein funktionaler Analphabet: „7,5 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren können zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben, haben aber Probleme, zusammenhängende kürzere Texte zu verstehen.“ Jeder zweite funktionale Analphabet, so heißt es auf der Website weiter, habe Deutsch als Muttersprache, der Großteil einen Schulabschluss und mehr als die Hälfte einen Job.
Es sind also nicht nur Menschen mit geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen, die Verständnisprobleme bei mehr oder weniger schwierigen Texten haben. Auch Analphabet*innen, Menschen mit Lese-Rechtschreibschwäche und Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sind oft mit schwergängigem Behördendeutsch überfordert. Das Sprachproblem ist also kein kleines.
Leichte Sprache richtet sich – schaut man nur auf die gesetzliche Ebene – jedoch nur an Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten. Alle anderen Genannten profitieren natürlich ebenfalls von verständlichen und leicht zu erfassenden Texten. Schreibt man jedoch explizit für sie, würde man in Einfacher Sprache schreiben.
Einfache Sprache und Leichte Sprache sind verschieden!
Leichte Sprache und Einfache Sprache werden oftmals synonym verwendet, sind aber nicht das Gleiche: Sie haben unterschiedliche Zielgruppen und unterschiedliche Regeln.
„Während Leichte Sprache hauptsächlich für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistiger Behinderung gedacht ist, kann Einfache Sprache auch für Menschen mit Leseschwäche, Deutsch als Fremdsprache oder Personen mit begrenzter Lese- und Schreibfähigkeit hilfreich sein“, schreiben die Fachleute der Sprachprofi GmbH auf ihrer Website. Doch dieser feine Unterschied dürfte im Alltag von Menschen, die nicht gut lesen können, völlig unerheblich sein. Funktionale Analphabet*innen profitieren genauso wie Demenzkranke oder Nicht-Muttersprachler von klarer und verständlicher Sprache.
Wie mit dem Unterschied zwischen Leichter und Einfacher Sprache umgehen?
Der Gedanke an die Zielgruppe wird Ihnen helfen, genau für die Menschen zu schreiben, die in besonderem Maße einer Unterstützung bedürfen: Menschen mit seelischen Erkrankungen, mit geistigen Behinderungen oder neurologischen Erkrankungen. Die Empfehlungen für das Schreiben in Leichter Sprache orientieren sich genau an ihren Bedürfnissen und sind in der zurzeit gültigen Empfehlung des DIN - Deutsches Institut für Normung zusammengefasst. An den Empfehlungen haben nicht nur Fachleute mitgearbeitet, sondern auch Prüfer*innen mit Behinderungen. Denn sie wissen am besten, wie Texte geschrieben sein müssen, die sie verstehen.
Texte in Leichter Sprache selbst schreiben
Wie Sie selbst Texte für Websites, Bescheide und Vordrucke in Leichter Sprache schreiben, das erfahren Sie in unserem zweiten Artikel „Leichte Sprache: So schreiben Sie klar und verständlich“.
Diane Schöppe