Trend 2: Cyberresilienz
Es gibt knapp 11.000 Kommunen in Deutschland. Städte, Gemeinden, Dörfer und Landkreise: Sie alle sind eine große Angriffsfläche für Cyberkriminelle. Hinzu kommt, dass in den IT-Systemen der Kommunen große Mengen sensibler Bürgerdaten gespeichert sind – ein attraktives Ziel für Hacker. Ein spektakulärer Fall war der Ransomware-Angriff auf den Landkreis Anhalt-Bitterfeld in 2021. Vor kurzem traf es das Medienzentrum München, in dem die Schulsoftware des Landkreises gehostet wird. Im Rhein-Pfalz-Kreis wurde Ende Oktober 2022 die Verwaltung gehackt. Die Hacker erlangten Zugriff auf die IT-Systeme und veröffentlichen Daten im Darknet.
Kommunen werden also immer mehr in Cybersecurity investieren (müssen). Ob es um Schulungen für Mitarbeiter geht, um regelmäßige Schwachstellenscans, um die Einführung eines Informationssicherheitskonzepts mit Notfallplänen oder um das Outsourcing der eigenen IT in BSI-zertifizierte Rechenzentren kommunaler IT-Dienstleister: All diese Maßnahmen werden an Relevanz gewinnen. Angesichts der knappen Personaldecke in der öffentlichen Verwaltung erwarten Expert*innen eine zunehmende Auslagerung kommunaler IT in die Hände größerer Rechenzentrumsbetreiber, die sich um Updates, Hosting, Patching und Backups kümmern. Um eine 24/7-Überwachung zu garantieren, werden in Rechenzentren zudem immer mehr KI-Lösungen zum Einsatz kommen.
Trend 3: Digitale Identitäten
Dass die Verwaltungsdigitalisierung nicht ohne den digitalen Nachweis der eigenen Identität gelingt, liegt auf der Hand. Der föderale Flickenteppich im Portalverbund hat die Nutzer allerdings bislang nicht entscheidend ermutigt, davon großen Gebrauch zu machen. Für 2023 werden wir eine Konsolidierung dieser heterogenen Nutzerkonten-Landschaft erleben. Dabei kristallisiert sich eine Tendenz heraus: Die digitale Identität wird nicht mehr ausschließlich für Verwaltungs-Online-Anträge genutzt werden, sondern es wird sich ein ganzes Ökosystem für vertrauensvolle Identitäten bilden.
Weitere Identitätsnachweise auf dem Smartphone werden zum Beispiel Führerschein, Bibliotheksausweis, Skipass sein. Der Startpunkt ist die eID (künftig sogar die EU-eID). Die Dienste – etwa Verwaltungs-Online-Anträge – werden sich um diese eID gruppieren. Damit würden Bürger*innen die eID als universellen Eintritt in die digitale Verwaltungswelt wahrnehmen. Außerdem werden wir die digitale Identität auf dem Smartphone erleben. Ziel ist eine möglichst souveräne, aber auch sichere Identitätsverwaltung.
Trend 4: Ende-zu-Ende-Digitalisierung
Nachdem die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sich jahrelang um die Bereitstellung möglichst vieler Verwaltungs-Online-Dienste drehte, dämmert es den meisten, dass das Problem der Verwaltungsdigitalisierung damit nicht gelöst ist: Online-Dienste sind erst dann sinnvoll, wenn sie auch ins Backend greifen – ohne Medienbruch, das heißt direkt in die bestehende Sachbearbeitungssoftware der Verwaltung.
Wie schaffen wir Standards, Schnittstellen und Infrastrukturen zwischen Online-Dienst und allen möglichen Fachverfahren? Bisher gibt es nur eine begrenzte Anzahl an möglichen XÖV-Standards, die Bereitstellung neuer API ist zeitintensiv und komplex. IT-Dienstleister werden sich 2023 mit einer Lösung befassen müssen. Die Nase vorn wird derjenige haben, der Fachverfahren und E-Government-Dienste im großen Stil, also weitgehend automatisiert, miteinander verbindet, sodass sie die gleiche „Sprache“ sprechen.
Trend 5: Hybrid Work
Seit Corona ist klar: Was aus der Not geboren wurde – Homeoffice – wird bleiben und um für Teamarbeit essentielle Präsenz- und Hybridformate ergänzt. Das gilt zunehmend auch in der öffentlichen Verwaltung. Aber: In einer Studie der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit PwC sagten 34 Prozent der Befragten aus der öffentlichen Verwaltung, dass sie für ihre Arbeit im Homeoffice auch teilweise private Technik genutzt haben. Außerdem verfügten über die Hälfte der Befragten (52 Prozent) maximal über eine eher gering vorhandene IT-Hardware, und 43 Prozent konnten auf eine eher unzureichende Netzwerkinfrastruktur zugreifen. Um für „alte“ und „neue“ Mitarbeitende attraktiv zu bleiben, wird sich in 2023 die Verwaltung in Kommunen immer mehr fürs mobile Arbeiten rüsten. Das geht selbstverständlich einher mit der Anschaffung von Hardware – Laptops, Handys – und von Software wie Videokonferenzsysteme, Gremiensoftware, Endpoint-Security-Lösungen und Mobile Device Management.
Claudia von der Brüggen