Fachkräfte im öffentlichen Dienst gewinnen und halten – Fortbildungen können hierbei ein wichtiges Mittel sein. Doch zu oft fehlt in der Verwaltung ein echter Plan, wer wann welche Schulungen erhält. Unser Autor Henning Zander sprach mit Sandra Bäsch, strategische Controllerin einer Bundesbehörde, über die Chancen und Herausforderungen im Fortbildungsmanagement.
Schon jetzt sollen nach Angaben des Deutschen Beamtenbundes im öffentlichen Dienst mehr als 360.000 Arbeitskräfte fehlen. Die Situation wird sich noch weiter verschärfen, wenn in den nächsten Jahren die Babyboomer-Jahrgänge in Pension gehen. Umso wichtiger wird es für die Verwaltung sein, Fachkräfte zu gewinnen – und sie dann auch zu halten. Ein Mittel hierzu können Fortbildungen als Teil eines Personalentwicklungsmanagements sein, sagt Sandra Bäsch. Sie ist strategische Controllerin bei einer großen Bundesbehörde. „Die Verwaltung kann nicht über das Gehalt mit privaten Unternehmen konkurrieren“, so Sandra Bäsch weiter. „Deshalb muss sie andere Wege finden und sich strategisch ausrichten.“ Fachkräfte müssten früh gefunden und dann entwickelt werden.
Weiterbildung im öffentlichen Dienst: durchschnittlich 4,9 Tage
Nach einer Umfrage des Stifterverbands und dem Beratungsunternehmen McKinsey unter 500 deutschen Unternehmen und Behörden hat das Thema Weiterbildung nicht nur auf dem Papier an Bedeutung gewonnen. 2019 wurden Beschäftigte durchschnittlich 3,7 Tage weitergebildet. Inzwischen liegt diese Zahl in der Verwaltung bei 4,9 Tagen und damit sogar über dem Durchschnitt von 4,6 Tagen in der Privatwirtschaft. Allerdings: Nur 24 Prozent der Verwaltungen erfassen strukturiert die Kompetenzbedarfe ihrer Beschäftigten, bei Unternehmen liegt der Wert über 50 Prozent. Auch das Budget ist dort deutlich höher.
Weiterbildung – eine Frage des Zufalls?
Fortbildungen sind ein wichtiger Teil der Personalentwicklung in der Verwaltung. Doch welche Fortbildungen absolviert werden, wer von ihnen profitiert, welche Maßstäbe dabei angelegt werden, das sei häufig noch sehr zufällig und wenig strategisch ausgerichtet, sagt Sandra Bäsch.
„Die Realität ist, dass der Fortbildungsbedarf in der Regel vom Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin geäußert wird.“ In manchen Bereichen liege der Bedarf auf der Hand, etwa dort, wo es jedes Jahr Änderungen etwa in rechtlichen Rahmenbedingungen gibt. Andere Fortbildungen sind vielleicht weniger selbsterklärend. „Es kann schon sein, dass dann der Vorgesetzte oder die Vorgesetzte ein Kommunikationsseminar ablehnt, weil der Sinn einer solchen Fortbildung nicht gesehen wird“, sagt Bäsch.
Vorgesetzte können auch andere Gründe haben, Fortbildungen abzulehnen. Personalengpässe etwa, so dass man Mitarbeitende nicht für mehrere Tage entbehren kann. Aber auch die Angst, Mitarbeitende nach der Fortbildung an einen anderen Arbeitgeber oder eine andere Abteilung zu verlieren, kann eine Rolle bei der Entscheidung spielen. Und den Vorgesetzten dazu bringen, den Fortbildungswunsch abzulehnen.
Weiterbildung für Führungskräfte
Für Sandra Bäsch ist es deshalb wichtig, dass innerhalb der Verwaltung konkrete Pläne erarbeitet werden, wie Mitarbeiter*innen auf bestimmten Karrierewegen geschult und mit Fortbildungen gestärkt werden können. „Wenn ich zum Beispiel weiß, dass eine Mitarbeiterin potenziell für Führungsaufgaben geeignet ist, kann ich den Weg dahin definieren: Welche Qualifikation muss sich die Mitarbeiterin bis dahin angeeignet haben? Welche Fähigkeiten sind damit verbunden? Das können zum Beispiel Führungstechniken sein oder Konfliktmanagement.“ Davon könne abgeleitet werden, welche Weiterbildungen sie auf ihrem Weg dahin besucht haben sollte.
Wie lässt sich Fortbildungsmanagement umsetzen?
„Dieser Plan ist gar nicht aufwendig“, meint Sandra Bäsch. „Aber wenn er nicht vom Management gefordert wird, verliert er sich im operativen Geschäft.“ Das müsse also beispielsweise in den Kommunen von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ausgehen und eingefordert werden. Für die langfristige Mitarbeiterbindung und den Kampf gegen den Fachkräftemangel seien Fortbildungen essentiell.
Fortbildungen können Kündigungen verhindern
Einer der Gründe für eine mögliche innere Kündigung ist auch das Problem, dass sich Mitarbeiter*innen nicht wahrgenommen fühlen. Dort setzen auch Fortbildungen an. „Das ist ja auch etwas, was gute Führung ausmacht, dass ich vielleicht in einer Person etwas erkenne, was sie selbst noch gar nicht so verstanden hat“, sagt Bäsch. Sie selbst erlebe das gerade mit einer Mitarbeiterin, die vor ihrer Einstellung ein duales Studium absolviert hatte. „Ihr habe ich gesagt, dass ich sie perspektivisch eine Stufe über ihrer aktuellen Position sehe. Ich habe sie gefragt, ob sie sich das vorstellen kann. Auch sie hat sich gesehen und wahrgenommen gefühlt.“ Es gebe aber auch hochspezialisierte Fachkräfte, die diesen Weg gar nicht gehen wollten. „Das ist auch in Ordnung.“
Mitarbeiterbindung stärken
Für Arbeitgeber seien Fortbildungen ein sehr leichter Hebel, um die Mitarbeiterbindung zu steigern, sagt Sandra Bäsch. „Es kann ja nicht jeder gleich befördert werden. Aber eine Fortbildung ist vom Prinzip her schnell organisiert.“ Es gehe dabei auch darum, dass die Mitarbeiter*innen ihren Horizont erweitern, andere Menschen kennenlernen und Erfahrungen austauschen. Nach der Fortbildung liegt die Herausforderung darin, dass das neue Wissen gut integriert wird und so einen Beitrag zum Erfolg der gesamten Organisation leistet.
Wie lässt sich die Wirkung von Fortbildungen messen?
Der Mehrwert für die Organisation seien zum einen Motivation und Veränderungsbereitschaft. Leicht zu messen sei die positive Wirkung von Fortbildungen allerdings nicht, räumt Sandra Bäsch ein. „Aus Steuerungsperspektive ist es spannend, hier Parameter und Kennzahlen zu definieren, anhand derer sich eine Entwicklung messen lässt. Allerdings ist dies sehr aufwändig.“ Ein Indikator kann aber zum Beispiel das Ziel sein, dass jeder Mitarbeitende pro Jahr fünf Fortbildungstage besucht. „Merkt man am Ende des Jahres, dass das nur bei 30 Prozent der Mitarbeiter geklappt hat, dann weiß man, dass man nachsteuern muss“, so Sandra Bäsch.
Henning Zander