Es ist ein ernüchterndes Ergebnis, das die Wissenschaftler*innen dieser Tage publik machten: Nur ein Fünftel der Top-Management-Positionen in öffentlichen Unternehmen, also Geschäftsführung, Geschäftsleitung und Vorstand, sind mit Frauen besetzt. Dabei hatte sich die Politik im vergangenen Jahr noch einmal deutlich positioniert und mit dem Zweiten Führungspositionengesetz (FüPoG II) im August 2021 die gesetzlichen Forderungen ausgeweitet. Zudem weisen die Gesetzgeber ausdrücklich auf die gesellschaftliche Bedeutung des öffentlichen Sektors hin: „Der Bund nimmt seine Vorbildfunktion ernst und setzt seinen Unternehmen strenge Vorgaben. Die feste Geschlechterquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten ist auf Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes ausgeweitet worden. Für diese aktuell 94 Unternehmen wurde außerdem eine Mindestbeteiligung von einer Frau in Vorständen eingeführt, die mehr als zwei Mitglieder haben.“ Der politische Wille fehlt also nicht.
Nur 20 Prozent Frauen im obersten Management
Gesetze sind das eine, die Besetzung von Stellen jedoch etwas anderes. „In vielen Gremien und Sitzungen bin ich oft die einzige Frau. Um mich herum meist Männer im mittleren Alter“, so die subjektive Erfahrung von Gudrun Aschenbrenner, die sich mit den objektiven Zahlen aus der Studie der Zeppelin Universität deckt. Die Vorstandsvorsitzende der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB), einem kommunalen IT-Dienstleister, engagiert sich seit vielen Jahren für Gendergleichheit und Diversität. Letztere ist ihr mindestens genau wichtig: „Ich erwähne ganz bewusst das Alter, denn nicht nur die fehlende weibliche Partizipation sehe ich als Problem, sondern auch die fehlende Heterogenität in der Altersstruktur.“ Dabei sind Unternehmen, die sich bewusst für Gendergleichheit und Diversität einsetzen, Studien zufolge langfristig stabiler. Sie weisen ein höheres Engagement in Sachen Umwelt auf, agieren sozialer und nachhaltiger, was letztendlich der ganzen Gesellschaft zu Gute kommt.
Schlusslicht IT und Digitalisierung
Die Studie der Zeppelin Universität trägt den Titel „Frauen in Top-Managementorganen öffentlicher Unternehmen – Ein deutschlandweiter Städtevergleich“. Sie untersucht 1.966 öffentliche Unternehmen von 69 Städten sowie der Bundes- und Landesebene und wertet dabei die Daten von April 2022 aus. Es ist bundesweit die einzige Studie, die Übersichten zwischen Städten und den föderalen Ebenen liefert. Einige der Ergebnisse seien hier kurz zusammengefasst:
- Im Top-Management der Städte (Geschäftsführung, Geschäftsleitung, Vorstand) sind Frauen mit 20,6 Prozent vertreten
- In 12 Städten sind Top-Managementpositionen mit über 30 Prozent weiblicher Führungskräfte besetzt, in 16 Städten liegt der Anteil bei unter 10 Prozent, in 5 Städten ist keine Frau vertreten
- Von 280 neu zu besetzenden Stellen wurden im letzten Jahr nur 32,1 Prozent der Stellen mit Frauen besetzt
- Es gibt große Unterschiede bei den Neubesetzungen: Die höchsten Quoten weisen die Städte Mecklenburg-Vorpommerns mit 75 Prozent und Berlin mit 61,1 Prozent auf; am geringsten sind die Werte für rheinland-pfälzische Städte mit 15,8 Prozent und saarländische Städte mit 7,7 Prozent.
- Mit 34,5 Prozent ist der Anteil von Frauen im Gesundheit- & Sozialwesen am größten, gefolgt von Bildung, Wissenschaft & Forschung mit 32,9 Prozent; Schlusslichter sind Energie- und Wasserversorgung & Stadtwerke mit 11,4 Prozent und IT/Digitalisierung mit 7,1 Prozent.
- In öffentlichen Unternehmen des Bundes beträgt der Anteil von Frauen Top-Management-Positionen 27,9 Prozent und ist damit im Vergleich zur föderalen Ebene am höchsten.
Junge Frauen zu Führungskarrieren motivieren
Es gibt sicherlich viele Gründe dafür, warum Frauen in Top-Management-Positionen unterrepräsentiert sind. Eine der Stellschrauben benennt Edmund Mastiaux, Geschäftsführer des zfm – Zentrum für Management- und Personalberatung. Das zfm ist für den öffentlichen Sektor tätig und fördert seit 2018 die Studie der Zeppelin Universität. „Es gibt zwar eine große Anzahl geeigneter Kandidatinnen auf dem Markt, die gezielt angesprochen und ermutigt werden müssen. Es ist jedoch erforderlich, bereits frühzeitig junge Frauen während Ausbildung und Studium zu Führungskarrieren zu motivieren und zu befähigen. Hierfür braucht es Vorbilder, aber auch Kampagnen und Angebote, wie gezielte Führungsnachwuchsprogramme für Frauen. Auch in der weiteren Karriereentwicklung sind Netzwerke, Mentoringprogramme und eine gezielte Vorbereitung auf die Übernahme von Top-Managementaufgaben notwendig.“
Eins ist klar: Es wird noch ein weiter Weg sein, bis all diese Netzwerke aufgebaut und verstetigt sind, die Mentoringprogramme greifen und Frauen dann auch im Top-Management besetzt werden. Das vom Gesetzgeber geforderte Ziel der gleichberechtigten Teilhabe ist das eine – der öffentliche Sektor muss sich jedoch des Potentials, das Gendergleichheit (und Diversität) mit sich bringt, bewusst werden, beides umsetzen und Frauen in den öffentlichen Unternehmen selbst gezielt fördern.
Diane Schöppe