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Eine Gruppe Mitarbeiter*innen unterschiedlicher ethnischer Herkunft diskutiert

Kulturwandel: Der Schlüssel ist Kommunikation

Die Verwaltung steht unter dem Druck der Veränderung. Der demographische Wandel sorgt dafür, dass in wenigen Jahren große Teile der Mitarbeiter*innen in Rente gehen werden. Im Kampf um Fachkräfte muss sich die Verwaltung ändern. Doch Wandel stößt immer auch auf Widerstand. Unser Autor Henning Zander sprach mit Dr. Maria Bellinger vom Auswärtigen Amt über die Chancen und Hürden des Kulturwandels.

Rund ein Drittel aller Erwerbstätigen werden in den nächsten 15 Jahren in Rente gehen. Die junge Generation kann diesen Verlust zahlenmäßig nicht auffangen. Die Konsequenz: Bis 2035 werden Deutschland rund sechs Millionen Arbeitskräfte fehlen. Gleichzeitig wird die Konkurrenz um Fachkräfte stärker. Das gilt auch für die Verwaltung. Neue Arbeitsprozesse, Digitalisierung und auch neue Arbeitsformen werden nötig, um diese Herausforderungen in den Griff zu bekommen.

Die Pandemie habe diesen Druck noch einmal beschleunigt, sagt Dr. Maria M. Bellinger, Leiterin der Psychosozialen Beratungsstelle im Gesundheitsdienst des Auswärtigen Amts. „Die Verwaltung hat mit vakanten Stellen oder erheblichen Verlusten erfahrener Kolleginnen und Kollegen zu kämpfen, da die geburtenstarken Jahrgänge jetzt nach und nach in Pension gehen.“

Spannungen bleiben nicht aus

Die Verwaltung steht vor extremen Veränderungen. Das geht nicht ohne Spannungen. Denn nicht alle Mitarbeiter*innen sind gleichermaßen von Veränderungen begeistert oder auch nur bereit, sich auf diese einzulassen. Gleichzeitig denken junge Fachkräfte, die jetzt nachrücken, in Dimensionen von Vernetzung, Projektarbeit, Hierarchiefreiheit. Arbeit muss für sie werteorientiert sein und im besten Falle einen übergeordneten Sinn haben. Der Kulturwandel in der Verwaltung ist auch deshalb nötig, um die junge Generation für die Arbeit im öffentlichen Dienst zu gewinnen. Doch die Hürden sind immens. Dr. Bellinger sieht diese im Aufeinandertreffen von notwendigen Veränderungsprozessen und eklatantem Personalmangel.

Doch wie kann die für den Kulturwandel notwendige Akzeptanz erreicht werden? „Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation“, sagt Dr. Bellinger. „Und Teilhabe derjenigen, die von den Veränderungen betroffen sind.“ Ängste und Sorgen müssten ernst genommen werden. Es müsse ehrlich und authentisch kommuniziert werden. In Hinblick auf Tiefpunkte während des Change-Prozesses sei es wichtig, Problem- oder Schwachstellen zu erkennen und darauf hinzuweisen, dass diese kommen werden. Auch Führungskräfte spielen eine wichtige Rolle: Jeder Prozess scheitere, wenn sie ihn nicht zu ihrer persönlichen Angelegenheit machen.

Was passiert, wenn Beschäftigte den Kulturwandel abwehren?

Immer wieder gibt es Mitarbeiter*innen, die sich gar nicht überzeugen lassen. Hier müsse zunächst geklärt werden, ob sie das notwendige Know-how besäßen, um die neue Aufgabe zu erfüllen. Falls ja, sollte jeder die Chance bekommen, im Laufe des Prozesses einzusteigen und seine Haltung zu revidieren. Geschehe das nicht, müssten Abwehrhaltungen auch eine Konsequenz haben: „Beschäftigte in Schlüsselpositionen, die durch ihre Haltung zum Scheitern eines Change-Projektes beitragen können, müssen gegebenenfalls in andere Bereiche versetzt werden“, stellt Dr. Bellinger fest.

Umfrage bestätigt: Arbeitszeitverdichtung bei Mehrzahl der Beschäftigten

Menschen reagieren unterschiedlich auf einen Wandel. Doch klar ist: Allen verlangt er sehr viel ab. Das ist auch eines der Ergebnisse einer Umfrage des Beratungsunternehmens Mutaree. In der Umfrage wurden Führungskräfte und Mitarbeiter*innen aus verschiedenen Branchen nach ihren Erfahrungen befragt.

  • Mehr als drei Viertel gaben an, dass sie trotz der enormen zusätzlichen Belastung durch Change-Projekte keine Entlastung im Tagesgeschäft bekämen.
  • 86 Prozent stellten eine hohe Arbeitsverdichtung fest.
  • 76 Prozent sagten, dass sie unter Zeitdruck arbeiten.
  • 75 Prozent empfanden das Ausmaß der Überstunden als belastend.
  • Darüber hinaus klagt jeder zweite Beschäftigte über Unsicherheit und fehlende Orientierung.

In einer weiteren Mutaree-Umfrage waren 86 Prozent der Befragten der Meinung, dass ein nachvollziehbarer Nutzen die wichtigste Voraussetzung sei, um den Veränderungsprozess motiviert, engagiert und mit Freude zu unterstützen.

Vom Auftrag zum Ziel: Die Stationen des Kulturwandels

Laut Dr. Bellinger sind in Change-Management-Prozessen verschiedene Phasen zu durchlaufen. Zuerst braucht es den Auftrag von der Behördenleitung zur Veränderung. Dann müsse ein Team gegründet und Rollen innerhalb des Teams definiert werden. Zudem müsse es eine Change-Vision geben, die von einer motivierenden, ehrlichen und emotionalen Kommunikationen begleitet werden sollte. Betroffene müssten einbezogen werden. Kontrollrunden und systematische Feedbackschleifen in der Umsetzung seien wichtig. Etappensiege müssten wahrgenommen, gewürdigt und gefeiert werden. Genauso wichtig sei es auch aufmerksam zuzuhören, statt nur selbst zu reden: „Kommunikation ist das zentrale Element, und zwar immer in beide Richtungen“, sagt Dr. Bellinger.

Henning Zander

Haben Sie Interesse an diesem Thema? Dr. Maria Bellinger ist Referentin des Seminars Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung und gibt wertvolle Erfahrungen weiter, wie Sie den Kulturwandel in Ihrer Organisation vorantreiben.