Corporate Influencer Programme gibt es bei mehreren großen Unternehmen, etwa der Telekom, Datev und Otto. Als erste Kommune hat nun die Landeshauptstadt München (LHM) am 18. Januar 2023 ein solches Programm gestartet. 17 Mitarbeiter*innen aus verschiedenen Referaten und Eigenbetrieben der Stadt werden regelmäßig über ihre Arbeit berichten und dafür ihre persönlichen LinkedIn-Accounts nutzen. „Nach dem Roll-out der neuen Arbeitgebermarke war es der nächste logische Schritt, die LHM als Arbeitgeberin noch bekannter zu machen“, kommentierte Tobias Stephan, Abteilungsleiter Personalgewinnung und Employer Branding auf LinkedIn. Mit Stefanie Nimmerfall, die das Programm gemeinsam mit einer Kollegin leitet, sprachen wir über Authentizität im öffentlichen Dienst und darüber, wie Guidelines helfen, Fehler zu vermeiden.
Interview
Am 18. Januar sind Sie mit dem Corporate Influencer Programm der Landeshauptstadt München gestartet. Wie ist es angelaufen?
Sefanie Nimmerfall: Das Programm ist sehr gut angelaufen, wir sind bisher wirklich sehr zufrieden. Unsere Corporate Influencer posten sehr aktiv. Und wir haben auch viele positive Rückmeldungen und eine relativ große Reichweite mit einigen Postings bekommen.
Warum wurde das Corporate Influencer Programm aufgesetzt?
Wir wollten unsere Mitarbeiter*innen selber kommunizieren lassen, auf authentische Art und Weise und über ihr eigenes LinkedIn Profil. Es sind also nicht 17 neue Pressesprecher*innen, die in diesem Programm mitmachen, sondern Mitarbeiter*innen, die über ihre eigenen Arbeitsbereiche und Themen sprechen.
Wie authentisch können Mitarbeitende sein, wenn sie von ihren Arbeitsplatz berichten?
Unseren Botschafter*innen ist sehr wichtig, dass sie auch als Corporate Influencer nichts anderes schreiben, als sie im Zusammensein mit Freund*innen sagen würden. Wir ermutigen unsere Kolleg*innen dazu, auch in den Sozialen Medien über ihre Arbeit zu sprechen. In der Vergangenheit wurde das im öffentlichen Dienst eher kritisch gesehen – wir aber versuchen das mit dem Programm zu fördern.
Was macht Corporate Influencing für den öffentlichen Dienst besonders?
Viele Menschen haben Klischees im Kopf, wenn es um den öffentlichen Dienst geht. Mit einem solchen Programm, wie wir es in München aufgesetzt haben, kann man viel besser die Realität zeigen. Wie ist es wirklich, bei einem öffentlichen Unternehmen oder in der Stadtverwaltung zu arbeiten? Stimmt das Klischee der angestaubten Amtsstube denn wirklich? Dafür ist es ein perfektes Mittel.
Geht es bei dem Programm auch um Employer Branding und Personalmarketing?
Ich betreue das Programm zusammen mit meiner Kollegin Diana Heffels, wir sind beide aus dem Bereich Personalmarketing. Employer Branding und Personalmarketing sind für uns also ganz klare Ziele. Wir sind uns recht sicher, dass das Programm eine positive Auswirkung auf das Erscheinungsbild der Stadt München als Arbeitgeberin haben wird.
Auch intern ist das ein wichtiges Projekt. Die wenigsten wissen es, aber München hat 43.000 Mitarbeiter*innen im öffentlichen Dienst. In 15 Referaten und 6 Eigenbetrieben. Wir können aufgrund der Größe also nicht die Vernetzung haben, die wir uns wünschen. Aber das Programm ermöglicht es, dass sich Kolleg*innen aus unterschiedlichen Bereichen kennen lernen, die sich sonst nicht kennengelernt hätten.
Mitarbeiter*innen im öffentlichen Dienst haben ganz unterschiedliche Aufgaben. Wen haben Sie für das Programm ausgewählt und warum?
Vielfältigkeit war ein Kriterium für die Auswahl. Aus 70 Bewerbungen haben wir 17 Influencer*innen ausgewählt und haben jetzt eine große Vielfalt in den Berufsgruppen, aber auch was Alter, Herkunft und Erfahrungen mit sozialen Medien angeht.
Wir haben zum Beispiel eine Meisterin aus dem Bereich Gartenbau mit dabei, einen Kollegen von der Feuerwehr und eine Organisationsberaterin aus dem Personalreferat. Wir haben einen Erzieher bzw. Leiter eines Tagesheims an Bord, eine Berufsschullehrerin, eine Architektin, eine Juristin und eine duale Studentin aus dem IT-Bereich. Nach der Pilotphase des Programms werden wir den Kreis der Kolleg*innen noch erweitern.
Welche Punkte waren Ihnen für die Guidelines wichtig? Und welche waren aus rechtlichen Gründen für den öffentlichen Dienst unverzichtbar?
Unsere Guidelines haben mehrere Funktionen. Einerseits sollten sie den Teamgeist wecken: Wir tauschen uns aus und wir reden über unsere Erfahrungen. Andererseits sind im öffentlichen Dienst natürlich die rechtlichen Rahmenbedingungen wichtig. Es sind ganz viele Themen bei Corporate Influencern nicht geklärt, da gibt es Grauzonen. Wir haben versucht, viel Sicherheit mitzugeben, aber auch hingewiesen auf Werbekennzeichnung, Urheberrecht und Datenschutz. Dass man schaut, dass nicht im Hintergrund im Büro eine Liste mit Namen aushängt oder Kundenakten auf dem Tisch liegen. Zusätzlich gibt es noch Tipps & Tricks für diejenigen, die neu einsteigen.
Es gab schon eine Reihe Corporate Influencer im öffentlichen Dienst, die sich im Nachhinein als ungeeignet erwiesen haben, etwa aufgrund extremer politischer Ansichten. Welche Fehler werden Sie nicht wiederholen?
Ich finde es schwierig, hier von Fehlern zu sprechen. Für den öffentlichen Dienst sind Corporate Influencer Programme größtenteils eine vollkommen neue Herangehensweise. Da muss man auch einfach mal Dinge ausprobieren, die vielleicht nicht auf den ersten Anlauf optimal laufen. Ich finde generell, dass wir alle viel öfter mal einfach machen sollten. Natürlich kann es immer sein, dass man nach Programmstart merkt, dass eine Person nicht ins Programm passt. Oder auch andersrum - dass sich ein/e Kolleg*in doch nicht im Programm sieht oder vielleicht den zeitlichen Aufwand unterschätzt hat. Dann spricht man darüber und trifft die entsprechenden Entscheidungen. Daher sind uns ein regelmäßiger Austausch und Kommunikation sehr wichtig, so kann man Unklarheiten gleich von Anfang an klären und vielleicht sogar manchen größeren Problemen vorbeugen.
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass jede/r Influencer*in sich bewusst macht: alles, was ich poste oder kommentiere, wird in Zusammenhang mit dem Arbeitgeber gesehen. Jeder ist daher ein Botschafter seiner Behörde oder seines öffentlichen Unternehmens.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Diane Schöppe