Der Klimawandel ist eine Gefahr für Denkmäler in Deutschland. Frank Assmann, Architekt und ehemaliger Leiter der Bauabteilung der Stiftung Bauhaus Dessau, zeigt, welche Herausforderungen jetzt auf den Denkmalschutz zukommen.
Der Klimawandel macht den Denkmälern in Deutschland zu schaffen. „In den vergangenen Jahren haben die Schäden an Gebäuden aufgrund der zunehmenden Hitzeperioden im Sommer und den extremen Regen- und Sturmphasen im Winter stark zugenommen“, erklärt Frank Assmann, Architekt und ehemaliger Leiter der Bauabteilung der Stiftung Bauhaus Dessau. „Das hat teils dramatische Auswirkungen auf denkmalgeschützte Gebäude und ihre Umgebung.“
Wodurch sind denkmalgeschützte Bauten gefährdet?
In Dessau etwa sind die als UNESCO-Weltkulturerbe geschützten Bauhaus Meisterhäuser in eine parkähnliche Anlage eingebettet. Hier mussten 25 Prozent des Kiefernwaldbestandes gefällt werden, weil sie entweder umgestürzt waren oder ein Sicherheitsrisiko darstellten. Überschwemmungen wie 2021 im Ahrtal haben zahlreiche denkmalgeschützte Bauten zerstört. Aber auch große Hitze macht Denkmälern zu schaffen. So trocknen durch die heißen Sommer in Kirchen beispielsweise Dachstühle und Orgeln aus. Dabei kommt es zu Spannungen im Holz, was zu irreversiblen Rissen im Material führen kann. Die Zunahme der Schäden lässt Frank Assmann die Frage stellen: „Können wir uns die Denkmalpflege in der bis dato bekannten und durchgeführten Form überhaupt noch leisten?“
Entscheidungen im Denkmalschutz seien immer Einzelfallentscheidungen, die von den spezifischen Bedingungen des jeweiligen Denkmals abhängen. „Im Extremfall könnte es sein, dass man das Denkmal nicht mehr vollumfänglich in gewohnter Weise schützen kann“, fügt er hinzu. Assmann betont, dass manchmal schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen, wenn die Ressourcen knapp sind. „Wenn die Mittel nicht reichen, um alle Denkmäler zu sanieren, dann müssen Prioritäten gesetzt werden. Ein Kriterium ist dafür der Erhaltungszustand, also wie viel der Originalsubstanz noch besteht.“
Frank Assmann unterstreicht die Wichtigkeit intelligenter Nutzungskonzepte für jedes Denkmal und sinnvoller Maßnahmen zur Ertüchtigung der Klimaresilienz von Denkmälern. Darüber hinaus betont er die Bedeutung, „die denkmalgeschützte Bausubstanz zunächst grundlegend instand zu setzen und zu sanieren, um so wiederum vorsorglich weitere Schäden und den Bedarf zukünftiger Bauunterhaltungskosten nachhaltig wirksam zu minimieren.“
Energieeffizienz beim Umbau wird wichtiger
Der Klimawandel prägt die Diskussion um Denkmäler gleich von zwei Seiten. Nicht nur müssen Lösungen gefunden werden, sie langfristig zu schützen und gegenüber immer extremeren Wetterereignissen widerstandsfähig zu machen. Gleichzeitig besteht der Anspruch, dass auch Denkmäler ihren Beitrag zum Schutz des Klimas beitragen. Energieffizienz spielt dabei eine immer größere Rolle.
Die komplexe Natur von Umbauten historischer, denkmalgeschützter Strukturen stellt besondere Anforderungen an Planung und Durchführung. Mitzudenken sind denkmalpflegerische Vorgaben und Abstimmungen und Genehmigungen mit den zuständigen Behörden. In Bezug auf die Implementierung nachhaltiger Technologien in historischen Gebäuden erläutert Assmann, dass „hier oftmals nicht ohne Abwägung und Gewichtung der denkmalpflegerischen Anforderungen und Vorgaben“ vorgegangen werden kann. Er betont jedoch, dass Kompromisse möglich sind und unterstreicht die Notwendigkeit, „ganzheitliche – sämtliche Prämissen und Determinanten berücksichtigende – Konzeptionen zu entwickeln.“
Eine Balance in der energetischen Sanierung finden
Im Hinblick auf die Auswahl von Materialien und Technologien für denkmalgeschützte Gebäude unterstreicht Assmann, dass „jedes Gebäude und jedes Umbauprojekt ein Unikat mit spezifischen Eigenschaften und Anforderungen ist, welche sich aus dem Bestehenden ergeben.“ Er weist darauf hin, dass sich „zweifelsohne alle am Denkmal tätigen Verantwortlichen derzeit in einer Experimentierungsphase“ befinden und betont die Notwendigkeit, „sinnreiche und ganzheitlich wirksame Strategien“ zu finden.
Frank Assmann verdeutlicht, dass die energetische Sanierung bei denkmalgeschützten Gebäuden mit besonderer Sorgfalt und Abwägung vorgenommen werden muss. „Gerade bei der energetischen Sanierung geht es auch darum, wie diese in die vorhandene Bausubstanz eingreift“, stellt der Architekt klar. Bei der Energiebilanz müssten zunächst alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, bevor man zu drastischeren Maßnahmen wie dem Einbau von gedämmten Fenstern oder Photovoltaik-Anlagen greife.
Beispiel Neue Nationalgalerie
„Wenn wir zum Beispiel der Nachwelt zeigen wollen, wie in den 1960er Jahren die Neue Nationalgalerie in Berlin gebaut wurde, kann ich da keine doppelverglasten Fenster einbauen, weil ich sonst das Kulturgut eines Baus von Mies van der Rohe verliere“, sagt Assmann. Tatsächlich wurden bei der Sanierung Anfang der 2020 wieder einfachverglaste Fenster eingesetzt. Andere Fenster wären unvereinbar mit der Stahlkonstruktion von Mies van der Rohe gewesen.
Frank Assmann warnt vor einem Übermaß an Sanierung, bei dem Denkmäler so stark überarbeitet werden, dass sie wie neu wirken. Die Substanzerhaltung – im Sinne des historisch überlieferten Anschauungswertes – habe im Denkmalschutz oberste Priorität. Deshalb seien in den Bauhaus-Gebäuden in Dessau zum Beispiel keine Monitore an den Wänden montiert, „weil schon ein Dübel in der Wand eine Beschädigung der Originalsubstanz ist“, sagt Assmann. Es gebe im Umgang mit historischen Bauten aber auch gegenläufige Denkweisen. Dabei würden aus seiner Sicht Denkmäler regelrecht „totsaniert“. Sie sehen dann aus wie neu, von der ursprünglichen Substanz ist aber nicht mehr viel erhalten. „Das ist falsch verstandener Denkmalschutz. Wir haben es dann nur noch mit einer Kopie zu tun, nicht mehr mit dem Original.“
Henning Zander