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Blick auf die Neubauten des Münchner Stadtteils Neuperlach
Der Münchner Stadtteil Neuperlach ist eins von fünf Leuchtturmprojekten des Neuen Europäischen Bauhaus. Mit etwa 50.000 Einwohner*innen gehört er zu den größten Städtebauprojekten Westdeutschlands nach dem 2. Weltkrieg.

Neues Europäisches Bauhaus: Ökologisch nachhaltig und sozial inklusiv

Das Quartier von morgen ist nachhaltig, ästhetisch und kreativ. Es verbindet Menschen, statt zu trennen. Das ist der Gedanke der Initiative „Neues Europäisches Bauhaus“ der Europäischen Kommission, deren Name sich an die berühmte Dessauer Hochschule für moderne Gestaltung anlehnt. Unser Autor Tim Müßle sprach mit Oana Cristea, Wegbegleiterin des EU-weiten Bauhaus, über Fördermittel und Preise der Initiative, die aktuell in eine neue Runde gehen.

Beispiel: Neuperlach. Der Münchner Stadtteil wurde in den 60er-Jahren errichtet. Hochhäuser, Beton und die Idee der „autogerechten Stadt“ prägen das Erscheinungsbild. In Neuperlach leben heute rund 50.000 Menschen, viele Gebäude und Freiräume sind sanierungsbedürftig. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, das Bildungsniveau liegt unter dem Durchschnitt.

Diese Herausforderungen sind für Europa nicht neu, so manche Metropole in der EU hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Nun hat die Europäische Kommission Neuperlach als Leuchtturmprojekt für das „Neue Europäische Bauhaus“ ausgerufen.

Münchner Stadtteil Neuperlach wird Leuchtturmprojekt

Denn Neuperlach soll nicht so bleiben, wie es ist. München plant, aus dem Quartier eine „Stadt der Zukunft“ zu machen: unter anderem mit zehn Teilprojekten aus allen Bereichen der Stadtentwicklung, vom zirkulären Bauen über regenerative Energie bis zu Jugendkultur im öffentlichen Raum. Dabei bindet die bayerische Landeshauptstadt die Menschen vor Ort zusammen mit Kultur- und Kreativschaffenden ein. Und auch unternehmerisches Denken und Handeln soll gefördert werden, gerade in Bevölkerungsgruppen, die bisher kaum einen Zugang dazu hatten.

Das Konzept überzeugte die Europäische Kommission, und das Vorhaben wurde im Mai 2022 als eines von fünf Leuchtturmprojekten mit Vorbildfunktion im Rahmen der Initiative „Neues Europäisches Bauhaus“ gefördert. Fünf Millionen Euro stellt die EU-Kommission bereit.

Nachhaltigkeit, Design, Überwindung sozialer Grenzen

München ist nicht die einzige europäische Metropole, die sich um Fördermittel bewirbt. 2023 geht die Initiative „Neues Europäisches Bauhaus“ in die nächste Runde. Neue Fördermöglichkeiten für die unterschiedlichsten Vorhaben sind bereits eröffnet und warten auf Antragsteller. Die besten Chancen haben Projekte, die Quartiere unter verschiedensten Gesichtspunkten zukunftsfest machen:

  • Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und Einklang mit der Natur
  • Ästhetik und Design
  • Inklusion und Überwindung sozialer Grenzen
  • Inspiration durch Kunst und Kultur über reine Funktionalität hinaus
  • Förderung von Dialog und Diskussion, quer durch die Kulturen, Berufe, Geschlechter und Generationen

    Alte Industrieanlagen als neue Orte der Begegnung

    „Das Neue Europäische Bauhaus vereint die drei Prinzipien Nachhaltigkeit, Design und Inklusion“, beschreibt Oana Cristea, Wegbegleiterin der Initiative, die Idee. Von 2021 bis 2027 hat sie unter anderem ein Verzeichnis alter, aufgegebener Industrieanlagen erstellt, um herauszufinden, welche dieser Anlagen für eine Förderung infrage kommen und welche den höchsten Zugewinn im Rahmen der Inititative versprechen.

    „Das Neue Europäische Bauhaus“, sagt Oana Cristea, gibt uns nicht nur die Chance, diese Industrieanlagen zu regenerieren und der Gemeinschaft zurückzugeben, etwa für kulturelle oder lehrreiche Zwecke. Menschen sollen sich dort treffen und miteinander in Kontakt treten können.“

    Entwicklung und Erprobung von Politik- und Finanzierungsinstrumenten

    Und es geht nicht nur um die Aufwertung von Industrieanlagen oder ehemaligen Gewerbegebieten. Der Bogen, den das Neue Europäische Bauhaus spannt, ist viel größer. Die Initiative geht zurück auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und wurde bereits im Jahr 2020 angekündigt. Im Fokus liegen Quartiere, die von einer Aufwertung besonders profitieren – und das europaweit.

    „Mit den Rahmenbedingungen des Neuen Europäischen Bauhauses soll ein Raum zur Entwicklung und Erprobung von Politik- und Finanzierungsinstrumenten für den Umbau unserer Gesellschaften und unserer Wirtschaft geschaffen werden“, erklärt der Sprecherdienst der Europäischen Kommission in Deutschland auf Anfrage. „Und es geht auch darum, Synergien zwischen bestehenden und geplanten Maßnahmen oder Programmen der EU zu intensivieren.“

    Das Neue Europäische Bauhaus soll also Antworten auf Fragen geben, die mit einzelnen Förderinstrumenten nicht angemessen behandelt werden können und häufig durch das Raster fallen. „Wir müssen umdenken und umplanen“, so EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, „unsere Wirtschaft muss sich stärker in Kreisläufen organisieren, die Ressourcen schonen, die der Natur das zurückgeben, was sie ihr entnehmen. Europa kann und soll dabei eine führende Rolle spielen.“

    Preiswürdige Konzepte

    Eine Schlüsselrolle können dabei die Preise spielen, um die sich Initiativen und Projekte noch bis Ende Januar 2023 bewerben können. Diese Preise des Neuen Europäischen Bauhaus sollen Vorhaben und Konzepte der folgenden Kategorien auszeichnen:

    • Wiederverbindung mit der Natur
    • Wiedererlangung eines Gefühls der Zugehörigkeit
    • Priorisierung von Orten und Menschen mit den dringendsten Bedürfnissen
    • Langfristiges Denken in Lebenszyklen im industriellen Ökosystem

    Noch im Jahr 2023 sollen 15 Gewinner mit bis zu 30.000 Euro ausgezeichnet werden.

    Aktuelle Fördermöglichkeiten

    Zudem laufen aktuell Förderprogramme im Rahmen des Neuen Europäischen Bauhaus, mit dem nachhaltige, ästhetische und inklusive Projekte unterstützt werden sollen. Dabei legt die Initiative drei Schwerpunkte. Zum einen stehen Vorhaben im Zentrum, die sich auf die konkrete Transformation im lokalen Bereich fokussieren. Zum anderen geht es um neue Lösungen und auch Produkte, die Innovationen, Nachhaltigkeit, Inklusion und Design integrieren. Last but not least dreht sich ein Förderschwerpunkt um Konzepte, die bestehende Perspektiven und Mindsets infrage stellen, um die Werte des Neuen Europäischen Bauhauses zu verankern.

    „Das Neue Europäische Bauhaus hilft uns, zu erkennen, wo die zentralen Themen unserer Zeit liegen“, so Oana Cristea, „und gleichzeitig inspiriert es uns zu neuen, vielleicht noch ambitionierteren Initiativen. Und das ist es ja, was wir brauchen – wir alle profitieren ja von sinkenden Emissionen, neuen kulturellen Möglichkeiten und grüneren, nachhaltigeren Städten, die Inklusion fördern und Ressourcen schonen. Doch dafür brauchen wir einen Paradigmenwechsel, neue Werte und neues Verhalten. Das Neue Europäische Bauhaus unterstützt uns dabei.“ 

    Tim Müßle

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