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Vor einer Baustellen stehen ein Tempo-30-Schild und ein Schild "Schule"

Öffentliche Bauprojekte erfordern Weitblick

Bauprojekte zu managen birgt zahllose Herausforderungen. Das gilt für öffentliche Bauprojekte jeder Art. Bei Schulen kommt eine Besonderheit hinzu: Große Umbauten können hier nur in den Sommerferien vorgenommen werden. Wir sprachen mit Lazaros Amperidis, Leiter der baulichen Schulentwicklungsplanung im Kreis Mettmann (NRW) darüber, wie seine Stabstelle Schulbauprojekte angeht, wie Ausschreibungen auch in Zeiten von Handwerkermangel gut aufgesetzt werden können und warum Projektleiter*innen unbedingt Emphatie mitbringen sollten.

 

Interview

Bauprojekte sind komplexe Vorhaben. Daher braucht es Profis, die alle Aspekte im Auge behalten und koordinieren. Wie gelingt Ihnen das?

Lazaros Amperidis: Wir verwenden natürlich die üblichen Projektsteuerungs- und Management-Werkzeuge. Wir nutzen aber nicht alle Werkzeuge und Methoden, sondern gehen nach dem Credo vor: „So einfach und optimal wie möglich“. Für uns sind diese Pläne entscheidend: der übersichtliche Bauzeitenplan, der wesentliche Etappen wie z.B. Haushaltsplanung, Politikentscheidung und Bauplanung auflistet, sowie die Projektstrukturpläne, die aus der technischen Klärung mit den Fachplanern entwickelt werden und aus denen sich die Meilensteine für die Projektrealisierung der Einzelgewerke ableiten. Aus den detaillierteren Projektstrukturplänen leiten wir die Risiken für das jeweilige Bauprojekt ab, um so rechtzeitig gegenzusteuern bzw. Umplanungen vornehmen zu können.

Sie leiten die Stabsstelle, die mit der baulichen Schulentwicklungsplanung im Kreis Mettmann betraut ist. Welche Bedarfe melden die Schulen bei Ihnen an?

Zu uns kommt die Schulamtsleitung und sagt ganz konkret: „In den nächsten zwei, drei Schuljahren haben wir immensen Schüler-Zulauf. Daher brauchen wir mehr Klassenräume.“

In vielen Fällen arbeiten wir „im“, bzw. „am“ Bestand, es wird selten neu-, jedoch angebaut. Die Angaben aus dem B-Plan spielen dabei eine essentielle Rolle. Wir schauen also im Schulgebäude: Wo und wie könnten Erweiterungen stattfinden?

Wie schnell beginnen Sie dann mit den Baumaßnahmen?

Die Schätzkosten werden dem Haushalt des Kreises vorgelegt. Entscheidet der Bauausschuss, ist das der Startschuss. Aber: Wir können nur in den Sommerferien bauen und haben dann etwa 6 bis 8 Wochen Bauzeit, in denen das Projekt umgesetzt werden muss. Das bedenken Außenstehende meist nicht, dass wir nicht während der regulären Unterrichtszeiten Umbauten vornehmen können. Provisorische Ausweichflächen sind da keine Seltenheit.

Große Bauprojekte müssen nach VOB ausgeschrieben werden und die Ausschreibungen wollen gut durchdacht sein. Wie gehen Sie vor?

Für den Zeitplan rechnen wir rückwärts. Braucht die Schule im Schuljahr 2024/25 die Räume, dann müssen im Sommer 2024 die Arbeiten abgeschlossen sein. Wir kalkulieren die Ausschreibungszeit, wie lange brauchen wir für die Planung- und Baugenehmigung? So kommt mindestens 1 Jahr Vorlaufzeit zusammen. Bei den Ausschreibungen sind wir an rechtliche Vorschriften gebunden. Bei Schulbauten kommt man leicht auf bis zu 500.000 Euro bei Einzelgewerken. Da müssen wir VOB-konform ausschreiben. Welche Form der Ausschreibung anfällt, hängt von den geschätzten Kosten ab. Die Vergabestelle initiiert und überwacht das Ausschreibungsverfahren. In besonderen Fällen wird das Rechnungsprüfungsamt mit eingebunden, das über die Formalitäten wacht, ob das Ausschreibungsverfahren korrekt eingehalten wurde.

Ausschreibungen bergen noch andere Risiken, etwa dass man keine Angebote bekommt, weil die Auftragsbücher der Handwerksfirmen voll sind. Wie kann man das umgehen?

Die Fachplaner sollten so früh wie möglich, um so die technische Klärung abzustimmen, beauftragt werden. Beim Arbeitstreffen erkennen wir, ob wir bestimmte Arbeiten gewerkeweise ausführen lassen können oder müssen bzw. ob wir sie bündeln müssen. Die Gewerke arbeiten auf der Baustelle parallel, aber auch nacheinander, da muss die Taktung stimmen. Wissen wir zum Beispiel, dass Dachdecker oder Sanitärfirmen in den nächsten 1 bis 2 Jahren rar sind, weil ihre Auftragsbücher bereits voll sind, dann bündeln oder verlagern wir Einzelarbeiten in der Ausschreibung, die eigentlich nicht zu diesem Gewerk gehören, in andere Gewerke.

Welche Führungskompetenzen sollte ein*e Projektleiter*in mitbringen?

Für mich ist Empathie ein ganz wichtiger Punkt. Sonst bringt es Dissonanzen ins Orchester. Außerdem muss eine Führungskraft zeitlich abhängige Abläufe und Risiken frühzeitig erkennen können, sowohl im Verlauf der Planung als auch bei der Ausführung. Wir führen sowohl Gespräche mit den Entscheidern, den Nutzern als auch mit verschiedenen internen Institutionen. Diese internen Terminabstimmungen müssen wir in Einklang bringen mit den externen. Als Projektleiter sind wir die Schnittstelle, die als Brücke herhalten muss. Sie muss ein bisschen schwingen können, sonst bricht sie. Projektleiter*innen sollten Meinungsverschiedenheiten und Konflikte diplomatisch abfedern können.

Und schließlich muss ein*e Projektleiter*in das Ziel vor Augen haben, ein gutes Mindset: Warum ist dieses Projekt wichtig. Dann wird er auch das Team mitziehen können.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Diane Schöppe

Lazaros Amperidis leitet beim Kreis Mettmann (NRW) die Stabsstelle Masterplan bauliche Schulentwicklungsplanung. Seine berufliche Laufbahn startete er als Gesamtausbauplaner beim Flughafen Düsseldorf und Flughafen Mönchengladbach. Weitere berufliche Leitungsfunktionen übernahm er für den Caritasverband Düsseldorf, die Baurevision des Wupperverbands Wuppertal und die Gebäudewirtschaft der Gemeinde Rommerskirchen.

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