Online-Prüfungen an Hochschulen sind nach wie vor eine Herausforderung: Die technische Seite muss funktionieren, der Datenschutz muss gewährleistet sein und dann ist da noch die Frage nach der eigenen Leistung. Wird sie wirklich nur mit den erlaubten Hilfsmitteln erbracht? Oder schummeln die Student*innen? Dass viel und oft geschummelt wird, davon zeigte sich das Berliner Verwaltungsgericht überzeugt. Für sein hartes Urteil im Fall einer chattenden Studentin zog es auch präventive Gründe heran: Um künftige Täuschungen zu verhindern, dürfe die Hochschule durch eine Exmatrikulation abschrecken.
Aktueller Fall: Studentin verliert Studienplatz
Im Juni 2023 entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass ein Chat zwischen Studierenden während einer schriftlichen Online-Prüfung eine Exmatrikulation rechtfertige. Das Gericht gab der Hochschule Recht, die in dem Chat einen besonders schweren Fall von Täuschung sah und eine Studentin daraufhin exmatrikulierte. Die Studentin erhob daraufhin Klage.
Hätte das Gericht in den Chats eine weniger schwere Täuschung gesehen, hätte die Studentin die Prüfung wahrscheinlich wiederholen und ihren Studienplatz behalten können. Prüfungswiederholungen sind möglich, wenn weniger schwere Täuschungen vorliegen. Zum Beispiel, wenn Jura-Student*innen schummeln, indem sie Markierungen in Gesetzestexten vornehmen, die in Online-Prüfungen zugelassen sind.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in seiner Entscheidung auch berücksichtigt, dass bei Online-Prüfungen häufig geschummelt wird und das harte Urteil zur Abschreckung für die Zukunft durchaus zulässig ist.
Schummeln bei Online-Prüfungen mit ChatGPT
Schummeln im Chat mit anderen Prüflingen ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Im Internet kursieren, man glaubt es kaum, ganz offen Tipps und Tricks zum Schummeln.
Mit der kostenlosen Sprach-KI ChatGPT kam im November 2022 eine weitere hinzu. Nur wenige Wochen später berichteten Online-Medien wie Wien.ORF.at und Futurezone.at, dass Studierende beim Schummeln mit ChatGPT erwischt wurden.
Ein Fall wurde auf Twitter von Johannes Schmidt, Professor an der Universität für Bodenkultur Wien, berichtet. Demnach hat der/die Student*in bei einer Online-Prüfung einfach die Antwort der Sprach-KI kopiert. Dem Professor fiel der Betrug auf, weil am Ende des Textes "Regenerate Response" stand - das war offenbar versehentlich mitkopiert worden. „Regenerate Response“ ist die Schaltfläche in ChatGPT, mit der ein Text neu generiert werden kann.
Neue Lösungen schaffen neue Probleme
Auch die ZEIT lässt sich im Juli 2023 im studentischen Online-Magazin CAMPUS von zwei Studierenden erzählen, wie sie ChatGPT zum Lösen von Aufgaben nutzten und dabei aufflogen. Wie sehr das Thema bewegt, zeigen die 70 Kommentare zu den freimütigen Berichten der Schummler.
Wie heißt es so treffend: Jede neue Lösung schafft neue Probleme. Für die Kombination von KI-Sprachmodellen und Online-Prüfungen im Hochschulstudium gilt das ganz offensichtlich.
Diane Schöppe