Das Land Berlin war es leid, auf Bewerber*innen zu warten. 2022 setzte die Stadt eine Roadshow mit einem Karrierebus in Bewegung und warb an 22 Orten vorrangig um Nachwuchskräfte. Und das mit großem Erfolg: Auf 194 offene Stellen kamen 8.621 Bewerbungen. In diesem Jahr tourt der Karrierebus wieder durch die verschiedenen Kieze der Stadt. Wir sprachen mit Alexis Demos, dem stellvertretenden Pressesprecher der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen, über die Details der Kampagne „Mach was du willst, aber machs mit uns“.
Im War for Talents, zu dem sich der Fachkräftemangel bereits ausgewachsen hat, hat Berlin viel Geld in die Hand genommen: Die Kampagne mit dem elektrischen Karrierebus hat die Stadt im vergangenen Jahr rund 310.000 Euro netto gekostet. Doch der Aufwand hat sich gelohnt: „Die #MachMitUns-Roadshow 2022 war hinsichtlich der Resonanz bei der Zielgruppe und der positiven Effekte für die behördenübergreifende Personalwerbung ein voller Erfolg“, sagt Alexis Demos, stellvertretender Sprecher und Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Senatsverwaltung für Finanzen Berlin.
Trotz Erfolg: Fachkräftemangel ist auch 2023 ein Thema
Die Senatsverwaltung für Finanzen ist federführend bei der Roadshow und freut sich über positives Feedback. Demos: „Alle Dienststellen hatten den Bedarf einer Neuauflage der Kampagne geäußert und zugesichert, sich wieder zu beteiligen.“ Also fährt der Karrierebus 2023 wieder. Geplant sind über 40 Veranstaltungstage, um von April bis Oktober um Nachwuchskräfte und Berufserfahrene zu werben. 27 Behörden beteiligen sich. 2022 waren es noch 22 Veranstaltungstage und 18 Dienststellen.
Die Roadshow mit dem elektrischen Karrierebus ist Teil der Kampagne „Mach was Du willst, aber machs mit uns“, mit der Berlin schon seit 2021 dem Fachkräftemangel entgegentritt. Die Anstrengungen wurden nötig, da das Land Berlin wie viele andere Länder, Kommunen oder andere Organisationen im öffentlichen Sektor die demographische Entwicklung meistern muss: Bis 2031 scheiden voraussichtlich rund 40.000 Beschäftigte des Landes Berlin aus – altersbedingt. Das sind rund 30 Prozent aller Mitarbeiter*innen.
Fachkräfte fehlen in Bezirksämtern, bei Feuerwehr und Polizei
Besonders hoch ist der Personalbedarf in diesen drei Bereichen:
- Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung
- Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik
- Naturwissenschaft, Geografie und Informatik
Alle Berliner Bezirksämter machen beim Karrierebus mit, ebenso viele Senatsverwaltungen, Feuerwehr, Polizei sowie Landesämter und das Kammergericht. Interessenten können sich im Bus ein erstes Bild über die Ausbildung und die Arbeit für diese Bereiche des öffentlichen Sektors machen. Berater*innen halten im Bus Informationen über Karrierevarianten und den Berufseinstieg bereit – so eine Art geführte Tour ist auch nötig, denn in Berlin gibt es immerhin über 5.000 Einstiegsmöglichkeiten: Ausbildungen, duale Studiengänge, Praktika und Tätigkeiten für Werkstudierende.
Karrierebus verfünffacht Besuche auf der Website
Wer mag, kann ein Selfie mit einem Feuerwehrmann machen, den Berater*innen ein Loch in den Bauch fragen oder sich später online weiter informieren. Das Land Berlin bietet über 140 Tätigkeitsfelder an, und potenzielle Bewerber*innen kennen in der Regel gar nicht die gesamte Bandbreite und auch nicht die Möglichkeiten für Ausbildung, Karriere und Aufstieg.
Das Konzept „Karrierebus“ kam an: Von Anfang August bis Ende Oktober 2022, während der Karrierebus fuhr und vergleichende Marketingmaßnahmen wie Online- und Offline-Werbung liefen, verzeichnete die Landingpage „MachsMitUns“ rund fünf Mal mehr Besuche als ein Jahr zuvor ohne Karrierebus. Auch die begleitende YouTube-Kampagne zog Nutzer*innen an – über 1,1 Millionen riefen die Videos auf, rund 10.000 klickten auf die Kampagnen-Landingpage.
Berlins Personalmarketing zog Konsequenz aus digitalen Messen
Auf die Idee mit dem Karrierebus kam Berlin, da andere Maßnahmen zur Personalgewinnung nicht recht zünden wollten: „Während der Pandemie hat das Land Berlin erste Erfahrungen mit virtuellen Karrieretagen und Online-Karrieremessen gesammelt“, beschreibt Alexis Demos. „Die Teilnahme an digitalen Messen für lediglich einen Tag war mit immensen organisatorischen Vorbereitungen verbunden und brachte nicht den gewünschten Effekt. Das landesweite Personalmarketing hat sich entsprechend mit der Frage auseinandergesetzt, wie es einerseits das Land Berlin als attraktiven und professionellen Arbeitgeber noch besser sichtbar machen sowie andererseits Synergien schaffen kann, um die Anstrengungen der Behörden bei der Personalgewinnung zu unterstützen.“
Employer Branding: „Hauptstadt machen“ als Dachmarke
Um den Karrierebus möglichst budgetschonend einzusetzen, baute Berlin schon bei der Planung und Organisation der Roadshow 2022 vor allem auf existierende, eigene Kräfte. Das elektrische Fahrzeug selbst wurde gemietet und von außen unter der Dachmarke „Hauptstadt machen“ im einheitlichen Corporate Design gebrandet und im Innenraum entsprechend umgebaut, um die Informationen bereitstellen und Beratungen realisieren zu können. Ein Empfangstresen wurde eingebaut, ebenso wie eine Fotobox, ein Abstellraum und verschiedene Bildschirme zu Informationszwecken.
Die Senatsverwaltung hatte keine zusätzliche Agentur beauftragt, sondern das Konzept und die Ideen von den Mitarbeiter*innen des landesweiten Personalmarketings entwickeln lassen. Grafiker*innen und Kamerateams halfen bei der Umsetzung.
Berlin zieht positives Fazit
Der Bus machte dort Halt, wo sich potenzielle Bewerber*innen aufhielten. Beispiele: an Informationstagen an Hochschulen, in der Nähe von Jobmessen, Straßenfesten sowie Marktplätzen. Die Auswahl der Orte und der Zeit oblag den Dienststellen. Alexis Demos: „Auch wenn die Zahl der Beratungsgespräche nicht erfasst wurde, können wir sagen, dass das niedrigschwellige Angebot von Menschen vor Ort genutzt wurde. Der Karrierebus hat für Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit im Stadtbild gesorgt.“
Tim Müßle