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Symbolbild: Fallschirmspringer bilden eine sich gegenseitig haltende Gruppe
Führungskräfte sind in Krisenzeiten besonders gefordert. Vertrauen, Offenheit, Reflexionsfähigkeit und Transparenz sind die vier Säulen, auf die sie bauen sollten.

„Vertrauen und Kommunikation sind die entscheidenden Match-Winner im Team“

Waren Krisen bisher zeitlich begrenzt, scheinen sie sich in der global vernetzten Welt so stark beschleunigt zu haben, dass sie einander überlagern. Staat und Verwaltung sind davon besonders betroffen, strukturelle Defizite wurden während der ersten und zweiten Welle der Corona-Pandemie deutlich sichtbar. Wie Führungskräfte trotz dieser Herausforderungen gut und sicher führen, ohne sich dabei selbst zu verlieren, darüber sprachen wir mit Dr. Maria Bellinger, Leiterin des Gesundheitsdiensts im Auswärtigen Amt.

Frau Dr. Bellinger, die Welt wird von immer neuen Krisen geschüttelt, noch während der Corona-Pandemie startete Russland einen militärischen Schlag gegen die Ukraine. Der Krieg währt nun schon über drei Monate. Die Krisen führen auch zu tiefgreifenden Veränderungen in der Arbeitswelt. Was können Führungskräfte tun, um Mitarbeiter*innen Sicherheit zu geben?

Dr. Maria Bellinger: Die wesentlichen Stichworte sind: Vertrauen, Offenheit, Reflexionsfähigkeit und Transparenz. Gerade in kritischen Situationen erwarten Mitarbeiter*innen von ihren Führungskräften Orientierung und „Führung“ im Wortsinne. Das bedeutet aber nicht, dass Führungskräfte „so tun sollten, als seien sie Herr der Lage“, wenn nie dagewesene Ereignisse neue Lösungswege fordern. Vertrauen in die „Schwarmintelligenz“ des Teams, offenes Ansprechen der eigenen Fragen und Grenzen, gemeinsame Reflexion von eigenen Einflussmöglichkeiten und möglichst transparentes Kommunizieren von Entscheidungen und Begründungen scheinen mir wesentliche Aspekte von Führung in volatilen Lagen.

Ist die unbeständige, unsichere, komplexe und mehrdeutige VUCA-Welt überhaupt noch beherrschbar? Womit müssen sich insbesondere Führungskräfte auseinandersetzen? Wie können sie sich selbst stärken?

In volatilen Zeiten ist die eigene Reflexions- und Veränderungsbereitschaft eine wesentliche Führungsfähigkeit. Die Gewissheit, dass nichts so bleibt, wie es gerade ist, beunruhigt viele Führungskräfte und lässt sie an ihren Fähigkeiten zweifeln. Was gestern klar und richtig war, ist heute obsolet … Daher sind eine „gesunde Selbstvergewisserung“ im Sinne von „das bin ich, das kann ich gut, diese Krisen habe ich schon durchgestanden“ in Verbindung mit Übungen zur Resilienz wichtige Bausteine zur Selbststärkung in komplexen Zeiten.

Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass mobiles Arbeiten und Homeoffice sich nicht nur in Unternehmen, sondern auch in der Öffentlichen Verwaltung etabliert haben. Teams sehen sich nun nicht mehr in Präsenz – das bringt Vor- und Nachteile mit sich. Wie kann Führen auf Distanz gelingen?

Viele Studien zeigen inzwischen, dass neben den selbstverständlichen technischen Voraussetzungen – funktionierende Hard- und Software, ausreichende Bedienkenntnisse – Soft-Skills wie Vertrauen und Kommunikation im Team die entscheidenden „Match-Winner“ sind: Gerade wenn man sich selten sieht, muss die Führungskraft immer wieder neue, attraktive und motivierende Gelegenheiten schaffen, im Team konstruktiv über Arbeitsaufgaben und -prozesse zu sprechen.

Dass Ämter und Behörden von Diversität profitieren, hat sich als Erkenntnis bereits durchgesetzt, bei genauerer Betrachtung sind die Beschäftigten jedoch wenig divers. Wie kann aus der Theorie eine gelebte Selbstverständlichkeit werden?

Hier wird der demografische Wandel in den nächsten Jahren Fakten schaffen, die wir uns heute noch nicht vorstellen können, deren „Vorboten“ wir aber schon an vielen Stellen erkennen können: zum Beispiel in der Öffnung des Polizeidienstes für Bewerber*innen mit Migrationshintergrund, in der gezielten Ansprache älterer Bewerber*innen für den Öffentlichen Dienst. Und je diverser zusammengesetzt die Teams der Zukunft sein werden, umso mehr werden sich auch Führungskräfte und Beschäftigte mit den Realitäten in den Büros und den Diversitätsmerkmalen wie Sprache, Geschlecht, Alter, Religion, aber auch Erfahrung, Status, Zugehörigkeitsdauer, auseinandersetzen (müssen).

Vielen Dank für das Interview, Frau Bellinger.

Dr. med. Maria M. Bellinger leitet seit 2008 die Psychosoziale Beratungsstelle im Gesundheitsdienst des Auswärtigen Amts. Zudem arbeitet sie entscheidend an der Weiterentwicklung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements im Auswärtigen Amt mit und hat mit der Durchführung einer Mitarbeiterbefragung sowie weiterer, begleitender wissenschaftlicher Untersuchungen, wesentlich zu dessen Entwicklung beigetragen.

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