Es ist für Unternehmen gar nicht so leicht, einen Innovationsvorsprung zu halten oder sogar auszubauen. Denn immer seltener reicht das Know-how noch aus, um komplexe Probleme und Aufgaben zu bewältigen. Sei es in der Materialforschung, Biotechnologie oder der Entwicklung neuer energiesparender Motoren. Viele Unternehmen suchen deshalb die Kooperation mit Universitäten. Für diese sind F&E-Aufträge und Kooperationen eine willkommene Möglichkeit, Mittel für ihre Forschung zu akquirieren. Schnell jedoch bewegt man sich hier im komplexen Beihilferecht der EU.

Zwischen Innovation und Beihilferecht: Die Herausforderungen von F&E-Kooperationen
„Zuerst müssen sich die Universitäten darüber im Klaren sein, ob sie wirtschaftlich oder nicht wirtschaftlich aktiv werden wollen“, erklärt Tilmann Lahann, Rechtsanwalt und Experte für F&E-Verträge bei der Kanzlei Müller, Altmeyer & Partner aus Saarbrücken. Denn je nachdem, wie die Zusammenarbeit mit Industriepartnern bei der Forschung und Entwicklung gestaltet ist, gelten andere Regeln. Zu unterscheiden sind Forschungskooperationen und Auftragsforschung.
Die Auftragsforschung definiert sich dadurch, dass die Industrie die Forschung an die Hochschule auslagert und hierfür die vollen Kosten übernimmt. Im Gegenzug sichert sich der Industriepartner die Rechte und Lizenzen an den möglichen Forschungsergebnissen. Eine Forschungskooperation hingegen dient dem grundsätzlichen Erkenntnisgewinn. Die Forschungsergebnisse stehen der Allgemeinheit offen. Häufig fließen zusätzlich öffentliche Gelder.
Bei Auftragsforschung sind realistische Preise wichtig
Während Forschungskooperationen unproblematisch staatlich gefördert werden können, muss bei der Auftragsforschung doppelt aufgepasst werden: „Der Industriepartner soll zum einen vom Staat nicht etwas bekommen, was ihm vom Grundsatz her nicht zusteht“, sagt Tilmann Lahann. „Zum anderen soll die Hochschule die staatlichen Gelder nicht dafür einsetzen, private Konkurrenz zu unterbieten.“ Eine Grundvoraussetzung für eine rechtskonforme Auftragsforschung ist deshalb die realistische Preisberechnung. Hier müssen nicht nur die Personalkosten berücksichtigt werden, sondern auch etwa die Nutzung von Gebäuden und Maschinen. „In der Regel erfolgt die Berechnung über einen Wirtschaftsprüfer. Die Zahlen müssen am Ende belastbar sein.“ Unter bestimmten Voraussetzungen sind aber auch Beihilfen erlaubt.
Förderung von Erprobungs- und Versuchsinfrastruktur
Im Oktober 2022 ist der überarbeitete Unionsrahmen für Forschung, Entwicklung und Innovation in Kraft getreten. Dieser ermöglicht nun auch die Förderung von Erprobungs- und Versuchsinfrastruktur. Gemeint ist damit eine Infrastruktur, die hauptsächlich von kommerziellen Unternehmen genutzt werden, um neue oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln sowie Technologien zu erproben und zu optimieren.
Für viele Universitäten ist die Frage der Haftung sehr wichtig. Als klassische Gewährleistung habe sie praktisch allerdings kaum eine Bedeutung, sagt der Rechtsanwalt. Voraussetzung sei, dass die Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung auf einem Dienstleistungsvertrag beruhe. Dann ist die Ausführung der Arbeit nach neuestem Stand der Technik geschuldet und nicht ein konkretes Ergebnis.
Wer trägt welches Risiko?
Das ist wichtig, denn natürlich kann es sein, dass eine Forschung nicht zum erhofften Ziel führt. Dieses Risiko trägt dann der der Auftraggeber. „Die Auftragsforschung ist eine Investition in einen zukünftigen potenziellen Wettbewerbsvorteil“, sagt Rechtsanwalt Lahann. Und auch das Scheitern einer bestimmten These sei schon eine Erkenntnis: Dass dieser bestimmte Ansatz eben nicht funktioniert.
Schwieriger sind hingegen die Fragen des Geschäftsgeheimnisschutzes, des Datenschutzes und – als recht neues Thema – Exportkontrolle. „Es kann sein, dass bestimmtes Wissen oder Lizenzen nicht an Staaten herausgegeben werden dürfen, die von Exporteinschränkungen betroffen sind“, erklärt Tilmann Lahann. Prominentestes Beispiel ist derzeit hierfür Russland. Gerade dann, wenn ein „Dual-Use“ des Wissens möglich ist, es also auch für militärische Zwecke genutzt werden kann, müssen entsprechende Einschränkungen bei der Lizenzierung mit bedacht werden.
Wie wird honoriert?
Nach dem Arbeitnehmererfindergesetz stehen den Erfinder*innen 30 Prozent der Einnahmen der Hochschule aus den Erlösen zu. Diese müssen gegebenenfalls verteilt werden, wenn es mehrere Erfinder*innen gibt. Schwieriger wird es bei neuer Software. Hier gilt in der Regel das Urheberrecht. Bei der Entwicklung von Software für einen Arbeitnehmer sind entsprechende Ansprüche in der Regel über den Arbeitslohn abgegolten. Eine Honorierung des oder der Entwickler kann aber unter Umständen über zusätzliche Vereinbarungen geregelt werden.
Trotz aller Herausforderungen - die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen ist mehr als nur eine strategische Option, sondern ein wichtiges Instrument für Fortschritt. Die Komplexität und Herausforderungen, die solche Partnerschaften mit sich bringen, sind nicht zu unterschätzen. Sie lassen sich aber mit genügend Vorbereitung beherrschen.
Henning Zander
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